braunmüller (2007:171) schreibt, dass dem retroflexen /ɖ/ im norwegischen phonemischer status zukomme, da minimalpaare der folgenden art gebildet werden können:

Norden [‘nu:ɖən] ‘der skand. norden’
noten [‘nu:tən] ‘nute, zugnetz’

das kann aber so nicht stimmen. wenn dies eine zulässige minimalpaaranalyse wäre, könnte man selbst bei parade-fällen von allophonie einen phonemstatus nachweisen. nehmen wir z.b. die allophonie von [ç] und [χ] im deutschen, wovon letzteres bekanntlich nur nach hinteren vokalen auftritt.

nach braunmüllers logik könnte man mit folgendem minimalpaar den phonemstatus von /ç/beweisen:

ichim
[ç] – [m]

und mit folgendem minimalpaar wäre der phonemstatus von /χ/ nachweisbar:

DachDamm
[χ] – [m(:)]

ebenso verhält es sich bei der englischen allophonie von [l] und [ɫ] (velarisiertes l). hier könnte folgendermassen phonemstatus nachgewiesen werden:

peelpeep
[ɫ] – [p]

bzw.

liftgift
[l] – [g]

es gilt zu betonen, dass die minimalpaaranalyse zwar die richtige methode ist, um den phonemstatus von lauten zu ermitteln, dass die hier verwendete methode aber ungültig ist. es wäre z.b. richtig, zu behaupten, dass [ç] und [χ] keine allophone sondern eigenständige phoneme sind, wenn es gelänge, ein minimalpaar zu finden, dass sich nur durch den unterschied von [ç] und [χ] unterscheidet (was aber nicht möglich ist). es ist jedoch nicht zulässig, eines der allophone mit einem unabhängigen laut (z.b. /t/) zu konstrastieren und auf diesem weg den phonemstatus für das allophon zu behaupten, wie dies von braunmüller gemacht wird.

für den fall von norw. /ɖ/ heisst das konkret, dass /ɖ/ solange als allophon von /d/ anzusehen ist, bis man ein minimalpaar findet, dass sich nur durch den unterschied von /ɖ/ und /d/ unterscheidet, was mir (ohne mich damit beschäftigt zu haben) eher unwahrscheinlich vorkommt.

referenz
Braunmüller, K.: Die skandinavischen Sprachen im Überblick. Tübingen 2007. 3. Auflage.