Nach den Guidelines des Stuttgart Tübingen Tagsets für das Tagging deutscher Text müsste man rund, gut oder knapp in den folgenden Beispielen als Adverb taggen (S. 57f):
rund zwei Kilo Staub
gut zwei Drittel der Teigmasse
knapp vierzig Personen
Kann mir jemand erklären, was daran “adverbial” sein soll? M.E. beziehen sich diese Modifikatoren sowohl syntaktisch wie auch semantisch eindeutig auf den Quantifikator (Kardinalzahl). Die syntaktische Verbundenheit lässt sich durch Satzumformungen und Ersetzungsprobe zeigen: Ich liege in rund zwei Kilo Staub. Rund zwei Kilo Staub sollten reichen. Sie sollten reichen. Dies zeigt, dass rund zwei Kilo Staub eine Nominalphrase ist. Auch die semantische Verbindung von rund und zwei ist einsichtig: Es ist die Quantität zwei, die mit rund näher spezifiziert wird, weil tatsächlich vielleicht nur 1.9 oder sogar 2.1 Kilo vorliegen. Eine Verbindung zu einem Verb, was durch die Bezeichnung als “Ad-verb” nahe gelegt wird, ist m.E. weder syntaktisch noch semantisch gerechtfertigt. Sollte man sie also nicht besser “Ad-Kardinalien” nennen?
Tagging als Adverb verlangen die Leute hinter STTS übrigens auch im folgenden, vielleicht eher diskutablen Fall:
es sind weit mehr als 100 Gäste
Aber ist es nicht auch hier so, dass weit mehr näher zu als 100 Gäste gehört als zum Verb? In meinen Augen ist weit mehr als 100 Gäste jedenfalls die sinnvollere Einheit als es sind weit mehr.
Schwer entscheidbar bezüglich Wortart sind auch modifizierende Partikel zu Adjektiven, wie in den folgenden Fällen, wo die STTS Guidelines ebenfalls eine Bestimmung als Adverb fordern:
es war ganz dunkel
die Pfanne ist sehr heiss [dieser Fall steht so nicht direkt in den Guidelines, LT]
Also “Ad-Adjektive”? ;D
luzi
mittlerweile ist mir klar geworden, dass bei adverb das –verb vermutlich im sinn von ‘wort’ zu verstehen ist, vgl. lat. verbum ‘wort’. ein adverb könnte dann vom namen her zu einem beliebigen wort gehören.